Lessons Learned – Die neue Serie der INNOFACT-Kommunikationsforschung im Magazin
Kommunikation ist Erfahrung und Handwerk. Daher werden ab Ausgabe 11/2023 Kirsten Fischer, Hans Mumme und Dr. Jens Wernecken jeden Monat im Rahmen der Serie ‚Lessons learned‘ ihre Schatzkiste exklusiv für das markenartikel-Magazin öffnen.
Lesen Sie hier die bisher erschienen Artikel:
DIE MAGIE DES STORYTELLINGS
Folge 12 im markenartikel-Magazin 11/24 mit Hans Mumme
In einer von Reizüberflutung geprägten Welt sind Geschichten in der Werbung essenziell. Im Rahmen der Lessons-Learned-Serie soll es um die starke Verbindung von Produkt und Marke zur Story gehen.
Zwischen Gefühl & Botschaft
Eine gute Story spricht die Emotionen der Menschen an und ruft beim Publikum Rührung, Freude oder sogar Euphorie hervor. Nicht umsonst spielen viele Weihnachtsspots des Lebensmitteleinzelhandels mit einem guten Mix an mitreißenden Emotionen zu Themen wie Wiedersehen, Gemeinschaft oder Familie. Aber sagen diese Filme auch etwas Differenzierendes oder Überzeugendes über die Marke aus? Denn erst, wenn zur spannenden und relevanten Erzählung noch eine wertige (Produkt-)Information kommt, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Zuhörende das Angebot hinterher nutzt oder sich zumindest näher darüber informiert.
Marke: Fokus oder Störenfried?
Aus unserer Datenbank wissen wir, dass etwa 60 Prozent aller deutschen Werbeaktivitäten die Konsumenten durchaus zu fesseln vermögen. Von diesen schaffen es jedoch nicht einmal 70 Prozent, die interessante Geschichte auch auf das Angebot zu übertragen. Fast ein Drittel des guten Storytellings versandet somit als bloße Unterhaltungskunst. Häufig erkennt der Rezipient keine Verbindung zwischen der Geschichte und dem beworbenen Angebot, die Marke wirkt wie ein Fremdkörper in der Werbung. Nur wenn die Story konsequent um das Angebot herum aufgebaut wird, entsteht eine glaubwürdige Synthese.
Die Macht des Storytellings
Storytelling ist daher eine effektive Strategie, um tiefere Beziehungen zu den Konsumenten aufzubauen. Indem Marken authentische Geschichten erzählen, Emotionen wecken und Identifikation fördern, können sie nicht nur ihre Botschaften wirksamer vermitteln, sondern auch langfristige Loyalität schaffen. Dazu bedarf es jedoch nicht nur einer kraftvollen, gut erzählten Geschichte, sondern auch einer stringenten, nachvollziehbaren Verbindung zum Angebot. Formate wie Podcasts oder Talkshows schaffen genau diesen Brückenschlag – wie Infotainment am Lagerfeuer.
Hans Mumme
Hans Mumme ist seit rund 25 Jahren Kommunikationsforscher. Nach Stationen bei INRA/Ipsos und TNS/Kantar ist er seit 2021 Client Director bei der INNOFACT AG und hat dort gemeinsam mit Dr. Jens Wernecken und Kirsten Fischer das Forschungssystem COM-Test entwickelt. Mumme berät Kunden aus verschiedenen Branchen zur Optimierung von Markenkommunikation jeglicher Art.
Kontakt: comtest[at]innofact.com.
OH DU SCHÖNE WEIHNACHTSWERBEZEIT
Folge 11 im markenartikel-Magazin 10/24 mit Dr. Jens Wernecken
Weihnachten steht zumindest aus Sicht von Handel und Werbungtreibenden unmittelbar vor der Tür. Daher geht es bei Lessons Learned darum, worauf man aus werblicher Sicht achten sollte.
Alle Jahre wieder im Advent sind die Werbeblöcke prall gefüllt mit Weihnachtsspots. Aber lohnen sich solche Kampagnen überhaupt? Was kann man raten, damit es am Ende keine böse Bescherung für die Marken gibt?
Eine eigene Disziplin
Was in den 30er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts in den USA begann, schwappte vor fast 15 Jahren aus UK nach Deutschland und ist heute fester Bestandteil der Vorweihnachtszeit: der Werbefilm zum Fest. Man kann die meist sehr gefühlsbetonte, manchmal klischeegetränkte Rührseligkeit mögen oder nicht, sicher ist jedoch: Um etwas für die beworbene Marke zu tun, müssen Weihnachtsspots einiges leisten.
Der erste Schritt zur Wirkung ist, überhaupt zur Zielgruppe durchzudringen. Das ist keine leichte Aufgabe, da rund ein Viertel der TV-Werbeausgaben gebündelt im November und Dezember investiert werden und überproportional viel Informationskonkurrenz erzeugen. Um sich hier zu behaupten, ist nicht nur ein starkes Branding, sondern eine eigenständige Kreatividee notwendig, die die Marke in ihren Mittelpunkt stellt. Statt mit der Konvergenz zu gehen und immer wieder dieselben Bilderwelten rund ums Schenken, Essen und Trinken in Weihnachtsidylle aufzugreifen, sind daher frische Ideen der bessere Weg, um positiv aufzufallen.
Dass das Auslösen positiver Emotionen mit Werbewirkung gleichzusetzen ist, ist leider zu kurz gedacht. Unsere Datenbasis ist eindeutig: Jeder dritte TV-Spot weist Defizite in der Kreation auf und gefällt deshalb der Zielgruppe nicht. Und von denjenigen Personen, die einen Werbefilm mögen, werden rund 30 Prozent nicht vom Angebot überzeugt.
Für die Kreatividee eines Weihnachtsfilms stellt dies eine Doppelaufgabe dar, nämlich erstens hinreichend viel Likeability zu erzeugen und zweitens diese auch auf die Marke auszurichten, so dass überzeugende Botschaften vermittelt werden können. Zu plakative, stereotype oder auch beliebige Inszenierungen müssen an diesen Anforderungen scheitern.
Purpose ist keine sichere Bank
Vielleicht auch deshalb setzt Weihnachtswerbung vermehrt auf den Faktor Purpose und greift soziale Themen wie Gemeinschaftsgefühl und Wohltätigkeit auf. Allerdings ist dies ein mittlerweile schon sehr gebräuchlicher, im Tenor austauschbarer und als Folge oft wenig wirkungsvoller Ansatz. Man kann deshalb durchaus konstatieren, dass der Purpose auserzählt ist und stattdessen Produkt und Angebot wieder stärker im Fokus der Festtagsgeschichten stehen sollten. Gesucht werden dazu Storys, die zwar ein weihnachtliches Setting verwenden, aber nicht auf plakative Art, sondern in einer konsequent eigenständigen Inszenierung. Nur so gelingt es, die frohe Markenbotschaft erfolgreich zu verkünden.
Dr. Jens Wernecken
Dr. Jens Wernecken ist Client Director bei der INNOFACT AG und Experte für Kommunikationsforschung. Er hat mit Kirsten Fischer und Hans Mumme das Forschungssystem COM-Test entwickelt und etabliert. Zuvor war Wernecken rund 25 Jahre in verschiedenen Funktionen für Ipsos und Kantar tätig.
Kontakt: comtest[at]innofact.com.
SCHÜRE DAS FEUER
Folge 10 im markenartikel-Magazin 9/24 mit Hans Mumme
Die Aufgabe von Kommunikation ist, den Betrachter schnell abzuholen. So banal das klingt, so schwierig stellt sich dies häufig dar. Im Rahmen der Lessons-Learned-Serie soll es diesmal um den richtigen Zeitpunkt von Informationstiefe in der Customer Journey gehen.
Neulich stolperte ich über ein Plakat, offensichtlich für einen Kredit. Neben einer kleinen Abbildung zählte es eine Vielzahl von Vertragskonditionen auf, unter anderem Länge von Zinsbindung und Laufzeit sowie Zinssatz. Wer kann diese Informationen (schnell) erfassen? Und was will ein solches Plakat erreichen?
Eine goldene Regel besagt, dass eine Botschaft immer auf den jeweiligen Zeitpunkt in der Customer Journey abgestimmt sein muss. Insbesondere für Finanzdienstleistungen bedeutet das: Ein Plakat wie das oben beschriebene wird vor allem auf Personen treffen, die aktuell ein nur recht vages Interesse an einem Kredit haben (wenn überhaupt) und mit den nackten Konditionen aktuell gar nichts anfangen können – und wollen. Die Kreditdetails sind hier bloß ein Rauschen, das wirkungslos vorüberzieht. Oder mit den Worten von Markenexperte und Buchautor Jason Miller (u. a. früher bei LinkedIn oder Microsoft): »… wenn es nicht relevant ist, ist es nur Lärm.«
Erster Schritt Agenda-Setting
Unsere inhaltlichen Begutachtungen vieler Werbemittel belegen genau das. Im frühen Stadium der Customer Journey muss das Ziel sein, Agenda-Setting zu betreiben und den Absender ins Relevant Set potenzieller Kunden zu rücken: Wieso könnte ein Kredit auch für mich Sinn machen? Warum bin ich bei Bank XY besonders gut aufgehoben? Es gilt, mittels Storytelling Emotionen beispielsweise von Sicherheit, von Prestige oder Zufriedenheit zu entfachen. Konkrete Produktinformationen verwirren da eher und sollten weitgehend außen vor bleiben.
Produkt kommt später
Erst nachdem die Kommunikation diese erste Stufe genommen hat und Interesse für einen Kredit generell und für den Absender speziell geweckt wurde, geht es in der Folge stärker um Produktspezifisches. In diesen finalen Phasen der Customer Journey tritt klassische Werbung weitgehend in den Hintergrund, denn Interessenten informieren sich gezielt im Internet oder in persönlichen Beratungen. Frühestens jetzt sind die Fakten des Angebots von Relevanz – um sie zu bewerten und miteinander zu vergleichen.
Ans Lagerfeuer einladen
Entscheidend für die Werbestrategie ist also die Frage: Wann und wie hole ich den (potenziellen) Kunden mit welcher Botschaft ab? Bei Finanzdienstleistungen (genauso wie bei Gebrauchsgütern) kann man fast nie nicht von einem hohen Anfangs-Involvement ausgehen. Das muss erst durch eine Kommunikation auf Augenhöhe erzeugt werden. Ansonsten überfordert die Werbung mit komplexen Details eines in der Regel eher erklärungsbedürftigen Produkts. Unsere Studien zeigen, dass Kampagnen dann am erfolgreichsten sind, wenn sie es schaffen, den Kunden an ihr Lagerfeuer zu locken, um in dieser angenehmen Atmosphäre eine begeisternde Geschichte zu erzählen, die das Angebot charmant und überzeugend einhüllt.
Hans Mumme
Hans Mumme ist seit rund 25 Jahren Kommunikationsforscher. Nach Stationen bei INRA/Ipsos und TNS/Kantar ist er seit 2021 Client Director bei der INNOFACT AG und hat dort gemeinsam mit Dr. Jens Wernecken und Kirsten Fischer das Forschungssystem COM-Test entwickelt. Mumme berät Kunden aus verschiedenen Branchen zur Optimierung von Markenkommunikation jeglicher Art.
Kontakt: comtest[at]innofact.com.
SCHLECHTE ZEITEN FÜR GUTE WERBUNG?
Folge 9 im markenartikel-Magazin 08/24 mit Kirsten Fischer
Früher war bekanntlich alles besser. Natürlich auch die Werbung. Jedenfalls wenn man mahnende Kritiker wie Amir Kassaei hört. Substanzlos, anspruchslos, unintelligent und unrelevant – so sei Werbung heute. Ist das tatsächlich so oder sollte man widersprechen?
Viele Kunden glauben, dass ein kleines Logo am Bildrand alle Branding-Probleme eines Werbespots lösen könnte. Das ist leider ein Trugschluss. Zwar schadet die Einblendung in der Regel nicht, ihre Effekte sind jedoch meist überschaubar. Insbesondere wenn der Spot eine interessante, womöglich sogar mitreißende Handlung hat, fokussiert kaum ein Zuschauer sich darauf, was am Bildrand zu sehen ist.
Die Werbelegende Amir Kassaei ist zurück und äußert deutliche Kritik. Statt ein kreativer Problemlöser für die geschäftsrelevanten Probleme von Kunden zu sein, produzierten Agenturen meist nur noch »irrelevantes Zeug« und Fassadenmalerei. Die Zeiten guter Werbung seien mindestens zehn Jahre her. Sicherlich möchte der Chief Brand Officer von Omnicom wachrütteln. Aussagen wie »Die meiste Werbung sieht heute schon so aus, als wäre ChatGPT der Texter und Midjourney der Art-Direktor« dürfen als liebevoll-provokativer Appell verstanden werden, sich der Angst vor der Kreativmaschine KI zu stellen, indem man bessere Arbeit abliefert. Aber hat sich die Qualität heutiger Werbung wirklich verschlechtert?
Zu viele schwache Ideen
Schauen wir dazu auf Messergebnisse unseres Leistungsprüfstands Com-Test im Zeitverlauf. Auf den ersten Blick ist die Ergebnislage positiver als es die Kritik vermuten lässt: Werbung hat nach Mehrfach- oder Intensivkontakt heute genauso viel Markenwirkung wie noch vor einigen Jahren. Bei genauerem Hinschauen wird aber klar, dass in erster Linie die treuen Kunden der beworbenen Marken weiterhin erfolgreich bestätigt werden, aktuelle Kampagnen aber Schwierigkeiten haben, Neukunden erfolgreich anzusprechen. Es mangelt also offenbar an neuen Ideen für neue Zielgruppen. Erheblich verschlechtert hat sich die Werbung tatsächlich darin, schon im ersten Kontakt mit den Verbrauchern spontanes Interesse auszulösen und Relevanz zu erzeugen. Werbung, die wir in den vergangenen Jahren getestet haben, kann sich deutlich schlechter gegen die Informationskonkurrenz durchsetzen, als das noch im vergangenen Jahrzehnt der Fall war. Was vor allem fehlt, sind herausstechende Kreativideen, die sich direkt einprägen und Werbung erinnerungswürdig machen.
Kassaei trifft einen Punkt
Was kann man raten, damit sich Werbung den aktuellen Herausforderungen erfolgreicher stellen kann? Erstens: Den Mut, mehr Kreativität zu wagen. Eine originelle und intelligente Markeninszenierung macht es einfacher, sich durch den heutigen Informationsdschungel zu kämpfen und das Interesse der meist unaufmerksamen Medienkonsumenten zu wecken. Zweitens: Den Schritt aus der Komfortzone der ‚Haltekommunikation‘. Um (wieder) attraktiver für neue Kunden zu werden, braucht es neue Themen, Aussagen und Kreativideen – und nicht allein die bewährten Muster zur Bestätigung der bisherigen Kundschaft.
Amir Kassaei hat also in vielem Recht. Er legt den Finger in die Wunden einer Werbebranche unter Druck und zeigt Symptome substanzieller Defizite auf. Werbung mit (mehr) Qualität und damit Impact ist aber machbar – auch dies belegen unsere aktuellen Bewertungen und Analysen. Worauf es ankommt, ist die Symbiose von relevanten Markenbotschaften und wahrhaft kreativen Ideen, denn diese Kombination kann weiterhin für effektive Werbung und manchmal sogar anerkennenden Applaus sorgen.
Kirsten Fischer
Kirsten Fischer ist Client Director bei der INNOFACT AG. Sie berät seit fast 25 Jahren Kunden mit dem Schwerpunkt Pre-Testing von Werbung. Sie hat nach Stationen bei INRA/ Ipsos und TNS/Kantar mit Hans Mumme und Dr. Jens Wernecken das COM-Test-System bei der INNOFACT AG etabliert.
Kontakt: comtest[at]innofact.com.
MEHR HUMOR WIRKT
Folge 8 im markenartikel-Magazin 07/24 mit Dr. Jens Wernecken
Beim Blick auf die Kreationen könnte man meinen, Werber und Werbungtreibende haben das Lachen verlernt. Haltungskampagnen gehören zum Daily Business. Dabei darf auch in schweren Zeiten gelacht werden. Lessons Learned bricht eine Lanze für witzige Werbung.
Obwohl Humor die Werbewirkung steigern kann, setzen Kampagnen immer seltener auf diesen Faktor. Vorbei die Zeit, in der die Cannes-Rolle ein Massenpublikum amüsierte und den Sprung ins Unterhaltungsprogramm der TV-Sender schaffte. Ist humorvolle Werbung nicht mehr zeitgemäß? Dass man sich an Kampagnen »mit Witz« besser erinnert und sie sympathischer findet, belegen viele Studien. Unter anderem haben SevenOne Media und Psyma schon vor einigen Jahren festgestellt, dass jeweils zwölf Prozent mehr Awareness und Sympathie für humorvolle gegenüber nicht-humorvollen Kampagnen verbucht werden können. Dabei wurden über 700 Spots in einem breiten Branchenquer- schnitt untersucht.
Humor ist nachhaltig
Gelungener Humor ist für Werbung ein bewährtes Lockmittel mit nachhaltigem Effekt. Denn was einem gefällt, wird deutlich besser auf der menschlichen Festplatte abgespeichert. So lässt sich kommunikativer Besitzstand sichern – man denke nur an die beständig eigenständigen und humorvollen Kampagnen des Autoverleihers Sixt oder der Biermarke Astra. Warum werden diese Vorteile so selten genutzt? Humor braucht zunächst einmal
Mut. Vom Cannes-Lions-Festival, dem Epizentrum der Werbekreativität, hörte man jüngst, dass in diesen dunklen Zeiten der Weltlage ein zartes Comeback des Humors zu erleben sei. Man dürfe dessen emotionale Kraft nutzen, denn angesichts der aktuellen Belastungen der Menschen sei es in Ordnung, wenn Werbung amüsiere. Auch und gerade jetzt ist eine heitere Kreation also ein absolut probates Stilmittel. Das erfordert allerdings den Mut, bei der Ideenfindung und Inszenierung souverän zu agieren und einen eigenen, vielleicht besonderen Weg einzuschlagen.
Humor erfordert Können
Humor ist dabei immer eine Gratwanderung: Was die einen zum Lachen bringt, wird von anderen nicht verstanden oder als unpassend empfunden. Wie eine gute Komödie braucht auch Humor in der Werbung Können! David Ogilvy hat die Challenge seinerzeit spitz formuliert: »Man kauft von keinem Clown.« Wenn das Publikum lustige Werbung liebt, ist das zwar schön, aber im Grunde irrelevant. Wie gut der Witz in der Werbung ist, bestimmt nur seine Tauglichkeit, für Neugierde und Interesse zu sorgen und damit die Tür für die Markenbotschaft zu öffnen. Unsere Analysen zeigen: Das gelingt nicht, wenn es handwerklich hapert und die Kreatividee abgekoppelt vom Produkt ein lustiges Eigenleben führt. Auch bringt es nichts, wenn der Humor so leicht bekömmlich und austauschbar ist, dass er einer Kampagne nicht hilft, aus dem allgemeinen Mainstream herauszuragen.
Wie für jedes kreative Stilmittel gilt auch für den Humor in der Werbung: Er muss originell und nützlich sein, damit er funktioniert. Minimieren lässt sich das Risiko eines Werbeauftritts mit Schmunzeleffekt, wenn man durch einen Pre-Test in der Zielgruppe weiß, wie gut der hurmorvoll- kreative Ansatz arbeitet oder wie er vielleicht besser erzählt werden könnte. Also: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.
Dr. Jens Wernecken
Dr. Jens Wernecken ist Client Director bei der INNOFACT AG und Experte für Kommunikationsforschung. Er hat mit Kirsten Fischer und Hans Mumme das Forschungssystem COM-Test entwickelt und etabliert. Zuvor war Wernecken rund 25 Jahre in verschiedenen Funktionen für Ipsos und Kantar tätig.
Kontakt: comtest[at]innofact.com.
ALLES SO SCHÖN BUNT HIER
Folge 7 im markenartikel-Magazin 06/24 mit Hans Mumme
Die Überschrift, entlehnt aus dem Lied ‚TV-Glotzer‘ von Nina Hagen, bringt es auf den Punkt: Häufig lässt man sich von bunten Bildern blenden. In der Lessons-Learned-Serie geht es deshalb um die Disziplin, zuerst strategisch und evidenzbasiert zu denken.
In unserer täglichen Praxis erleben wir immer wieder, dass Marketing- und Kampagnenverantwortliche während einer Werbeentwicklung sofort und ausschließlich in Bildern oder Storys beispielsweise für TV-Spots denken. Diese zunehmende Tendenz begründet sich unseres Erachtens hauptsächlich in zwei Aspekten: Zum einen sind Bilder anschaulicher und man kann leichter über sie diskutieren als über Abstraktes. Aber: Wer einmal dem Rausch der schönen bunten Bilderwelt verfallen ist, kommt nur sehr schwer wieder davon los. Zweitens scheinen moderne (digitale) Möglichkeiten eine deutliche Beschleunigung sämtlicher Entwicklungen zu erlauben. Und dabei ist ein richtiges Timing so wichtig: Am Anfang des Prozesses muss nämlich sehr genau untersucht werden, was die Werbung überhaupt über das Angebot vermitteln soll. Erst danach lassen sich diese Botschaften zielgerichtet inszenieren.
Insightbasierte Botschaften
Was meinen wir damit? Unsere Erfahrungen zeigen, dass es für Werbekampagnen besonders vorteilhaft ist, wenn sie auf einer nachweislich relevanten, effektiven Botschaft basieren. Diese umfasst klassisch insbesondere Insights, Benefits sowie Reasons-to- Believe. Bereits im Vorfeld sollte diese Angebotsargumentation bestmöglich ausgearbeitet und detailliert analysiert werden, so dass sie dem Fisch, sprich der Kundschaft, wirklich schmeckt. Denn erst unter dieser Vorgabe lässt sich die Kreativagentur dezidiert briefen, um daraus Metaphern zu entwickeln, die exakt die intendierten Angebotsaussagen treffen – also eine punktgenaue Kreation, die eine Plattform für unterschiedliche Medienkanäle bildet. Es verwundert nicht, dass auf dieser Grundlage entstandene Kampagnen deutlich mehr Potenzial besitzen und homogener erlebt werden als ‚freihändig‘ entworfene Werbung. Leider wird jedoch gerne einmal der richtungsweisende Schritt einer Validierung der Kernbotschaft verkürzt oder gar übersprungen. Wenn sich dann später herausstellt, dass die Angebotsargumentation Schwächen besitzt und überarbeitet werden muss, passt die Kreatividee natürlich ebenfalls nicht mehr.
Konzeptionelle Entwicklung
Das bedeutet, dass dann an Botschaft und Darstellung gleichzeitig gearbeitet wird. Wir erleben häufig, dass diese Situation zu einem Trial-and-Error-Vorgehen führt, bei dem immer neue Kreationen entwickelt werden – in der Hoffnung, relevante Bedürfnisse der Zielgruppe zu adressieren. Fast immer mündet dies in suboptimalen Kampagnen.
Und damit nicht genug: Diese zusätzlichen Prozessschleifen bringen einen meist empfindlichen Zeitverlust mit sich. So wird in der Regel mindestens die Zeit eingebüßt, die zuvor vermeintlich eingespart wurde. Verantwortungsbewusste Marketers fokussieren daher auf die entscheidenden, konzeptionellen Entwicklungsschritte, weil insbesondere hier das alte Sprichwort zutrifft: »Eile mit Weile«.
Hans Mumme
Hans Mumme ist seit rund 25 Jahren Kommunikationsforscher. Nach Stationen bei INRA/Ipsos und TNS/Kantar ist er seit 2021 Client Director bei der INNOFACT AG und hat dort gemeinsam mit Dr. Jens Wernecken und Kirsten Fischer das Forschungssystem COM@Test entwickelt. Mumme berät Kunden aus verschiedenen Branchen zur Optimierung von Markenkommunikation jeglicher Art.
Kontakt: comtest[at]innofact.com.
OTC-WERBUNG: MORE THAN A FEELING!
Folge 6 im markenartikel-Magazin 5/24 mit Dr. Jens Wernecken
Im Rahmen der Lessons-Learned-Serie geht es diesmal um OTC- Werbung: Im Werbeblock scheinen diese Spots nach einem einfachen Schema abzulaufen. Doch Vorsicht, denn der richtige Mix an Emotionalität und Funktionalität ist keineswegs trivial.
Bei kleineren Wehwehchen nehmen Konsumenten die Medikation meist selbst in die Hand. Im Ringen um die Verbrauchergunst setzt OTC-Werbung (d.h. für rezeptfreie Medikamente) dabei verstärkt auf Mehrwerte wie Selbstbestimmung, Wohlbefinden oder Teilhabe, statt nur auf funktionale Aspekte wie hohe Wirksamkeit oder gute Verträglichkeit zu vertrauen. Das kann gelingen, muss es aber nicht. Die klassische Storyfolge von OTC-Spots ‚Indikation (Leiden/Schmerz) –> Produktpräsentation mit Wirkgraphik –> lindernde oder heilende Wirkung des Präparate‘ wird mittlerweile gern variiert. Und dies geht oft einher mit einer anderen Betonung des Nutzenversprechens.
Mehr Überzeugungskraft
Aber damit die Werbung wirklich wirkt, möchten wir hier ein paar ausgewählte Tipps aus unserer langjährigen OTC-Expertise geben: Der Grundnutzen des Arzneimittels – das heißt die Beseitigung der Beschwerden – muss überzeugend vermittelt werden. Dazu haben sich Problem-Lösungsnarrative bewährt, wenn sie denn authentisch dargestellt werden. Zudem ist eine glaubwürdige schematische Illustration der Wirkweise ein sehr effektives Element in OTC-Spots. Dies kann für 40 Prozent mehr Überzeugungskraft sorgen. Einen emotionalen Nutzen muss man hingegen gut nachempfinden können. Daher sollte er leicht decodierbar sein und muss sich zwingend als folgerichtige Konsequenz aus dem Produktnutzen erschließen. Ansonsten sorgen emotionsgeladene Bilder zwar für Aufmerksamkeit und Likeability – ein messbarer Impact auf die Marke bleibt aber aus.
OTC-Filme erfordern ein hohes Maß an Präzision in der kreativen Inszenierung. Beschwerden müssen eindeutig gezeigt werden, eine zu drastische Demonstration der Indikation ist aber zu vermeiden. Gleiches gilt für eine zu euphorische Inszenierung der Besserung, auch dies kann die Glaubwürdigkeit beschädigen. Konsumenten wissen sehr wohl, das OTC-Präparate keine Wundermittel sind. Tempo und Rhythmus eines OTC-Spots müssen passen. Eine sehr hohe Geschwindigkeit ist beispielsweise für Konsumenten fortgeschrittenen Alters oder bei Schlaf- und Beruhigungsmitteln wenig geeignet, ein langsam erzählter Film hat es schwer, wenn das beworbene Präparat Schwung und Agilität verspricht.
Funktionaler Nutzen als Basis
Es zeigt sich: So wichtig Konsumentenbedürfnisse wie Wohlbefinden oder Empowerment sind – emotionale Benefits allein machen noch keinen effektiven OTC-Film. Es geht bei OTC-Werbung um »more than a feeling«, die Basis bildet immer der funktionale Produkt-Benefit. Sonst verpufft die Kommunikation von emotionalem Zusatznutzen wie der zurückerlangten Lebensfreude. Andererseits sind ausschließlich funktionale Nutzenaspekte nicht in der Lage, aus der Vielzahl von Präparaten mit ähnlicher Indikation hervorzustechen. Es gilt vielmehr, eine optimale Mischung aus Befreiung von Beschwerden und dem Erreichen von Lebenslust zu kreieren.
Dr. Jens Wernecken
Dr. Jens Wernecken ist Client Director bei der INNOFACT AG und Experte für Kommunikationsforschung. Er hat mit Kirsten Fischer und Hans Mumme das Forschungssystem COM-Test entwickelt und etabliert. Zuvor war Wernecken rund 25 Jahre in verschiedenen Funktionen für Ipsos und Kantar tätig.
CELEBRITIES IN DER WERBUNG – FLUCH ODER SEGEN?
Folge 5 im markenartikel-Magazin 04/24 mit Hans Mumme
Im Rahmen der Lessons-Learned-Serie geht es dieses Mal um Testimonials und Influencer: Übermächtig, authentisch oder neutral? Die Auswahl ist jedenfalls nicht trivial.
Ob sich Prominente in der Werbung lohnen, ist eine oft diskutierte Frage. Kritiker fürchten ein »Investitionsgrab«, Befürworter sehen eine wirkungsvolle »Wunderwaffe«. Warum werden aber Celebrities in der Werbung ein- gesetzt? Sie sollen für Aufmerksamkeit und Relevanz sorgen, als Meinungsführer und Vorbilder fungieren, die Marke positiv aufladen und bestimmte Imageattribute auf diese übertragen. Es kann sich dabei um eine ‚On-Off-Beziehung‘ mit einem Testimonial handeln, zeitlich befristet und mit der Option für den Prominenten, auch für weitere Marken zur Verfügung zu stehen. Bei einer längerfristigen und meist exklusiven Kooperation spricht man von einem Brand Ambassador – eine für Marken oft sehr effektive Konstellation.
Risiko-Aktie Promi
Trotz aller Chancen gibt es auch Risiken, vor allem die Promis selbst. Ihr Verhalten ist meist unvorhersehbar und unkontrollierbar: Wenn die Celebrity in einen Skandal verwickelt wird, an Strahlkraft einbüßt oder sich als Werbegesicht anderen Marken verschreibt, kann dies den Erfolg torpedieren. Unsere inhaltlichen Analysen zeigen, dass es darüber hinaus Grundmuster für wenig effektive Werbung mit Promis gibt:
- Der Prominente saugt die Aufmerksamkeit der Konsumenten auf und lenkt vom Produkt ab – der sogenannte Vampir-Effekt. Sehr schlecht, denn niemand sollte größer sein als die Marke.
- Die Celebrity wird gar nicht als solche erkannt – mit der Folge, dass die intendierte Message verpufft und die Werbung ein großes Fragezeichen in den Köpfen der Rezipienten hinterlässt.
- Stark polarisierende Persönlichkeiten sind zwar in der Lage, rasch ein profiliertes Markenbild zu formen, können jedoch auch unerwünschte Attribute übertragen.
- Marke und Celebrity passen nicht zueinander und wie der Prominente im Werbefilm agiert, ist dadurch nicht authentisch und wenig glaubwürdig (Pinocchio-Effekt).
- Selbst wenn der ‚Brand-Promi-Fit‘ gegeben ist, darf die Celebrity nicht nur oberflächlich platziert werden, sondern muss aktiv für die Marke agieren. Ein substanzieller Impact für die Marke stellt sich nicht ein, wenn Prominente in der Werbung nur eine Statistenrolle bekommen. Sie sollen ein zentrales und relevantes Element der Execution sein.
Faktenbasiere Entscheidung
Angesichts der weitreichenden Konsequenzen sollte die Entscheidung für oder wider den Einsatz einer Celebrity sorgfältig und faktenbasiert getroffen werden. Geeignete Testverfahren, die Risiken wie auch Chancen aufzeigen, sind daher ein Must-have bei der Entscheidungsfindung. Getreu dem Motto von Verona Pooth: »Da werden Sie geholfen«.
Hans Mumme
Hans Mumme ist seit rund 25 Jahren Kommunikationsforscher. Nach Stationen bei INRA/Ipsos und TNS/Kantar ist er seit 2021 Client Director bei der INNOFACT AG und hat dort gemeinsam mit Dr. Jens Wernecken und Kirsten Fischer das Forschungssystem COM-Test entwickelt. Mumme berät Kunden aus verschiedenen Branchen zur Optimierung von Markenkommunikation jeglicher Art.
Kontakt: comtest[at]innofact.com.
PRODUKTVERSPRECHEN IN WERBEFILMEN WIRKSAM INSZENIEREN
Folge 4 im markenartikel-Magazin 3/234 mit Kirsten Fischer
Statisch oder dynamisch? Das ist hier die Frage. Wie man Produkte mit ihren Nutzenversprechen optimal in Szene setzt, darum geht es in der aktuellen Folge von Lessons Learned.
Oft sagt ein Bild bekanntlich mehr als tausend Worte. Vor allem, wenn man – frei nach Goethe – die (Werbe-)Botschaft wohl hört, einem aber der Glauben (an die Versprechungen) fehlt. Wie kann der Glaube in einem Werbefilm gestärkt werden? Mit einer anschaulichen Wirk- oder Produktdarstellung! Sie ist ein bewährtes Stilmittel, um Produktleistungen und -vorteile leicht verständlich zu zeigen und überzeugend zu vermitteln.
Die Wirkdemonstration wirkt
Ein klassisches Story-Element von OTC-Spots ist beispielsweise die Wirkdemonstration, die in meist graphischer Form zeigt, wie und wo das beworbene Präparat seine Wirkung entfaltet. Dies ist ein bewährter Weg zur Überzeugungsleistung, wie unsere Testergebnisse belegen: Ein OTC-Spot mit Wirkdemonstration ist beinahe doppelt so effektiv wie seine Alternative ohne Wirkdarstellung. Ähnliche Effekte zeigen sich auch für andere Kategorien: Wenn der Käse auf der Pizza beim Aufbacken appetitliche Blasen wirft, das Pils in einem wahrhaften Strudel ins gekühlte Glas fließt oder der kraftvolle Reiniger so sauber putzt, dass man sich darin spiegeln kann – dann fungieren solche Bilder nicht nur als Eyecatcher, sondern dienen als Beleg besonderer Produktqualität und können die Werbewirkung massiv unterstützen.
Die Ableitung des aus der Produktleistung resultierenden Verbrauchervorteils wird dabei heute zeitgemäß adaptiert. Ging es bei Waschpulver oder Geschirrspülmitteln einst nur darum, die Reinigungsleistung mit einem Vergleich »vorher dreckig, danach porentief rein« zu zeigen, demonstrieren heute üble Flecken und heftige Verkrustungen, mit welchen Herausforderungen das Mittel fertig wird, ohne dass eine hohe Waschtemperatur oder Vorspülen notwendig wären. Die Wirkdemonstration arbeitet dann für zeit- gemäße Aspekte wie Energiesparen und Umweltverträglichkeit. Ein effektiver Film visualisiert allerdings nicht nur, wie das Produkt funktioniert, sondern inszeniert auch die Wirkung auf die Verwender ansprechend und überzeugend. Erst wenn nachvollziehbar gezeigt wird, dass der ehemals Erkrankte wieder am Leben teilhaben kann, die Pizza wirklich lecker schmeckt und das Trinken des Pils nicht nur den Durst stillt, sondern ein wahrer Genuss ist, wird das Potenzial einer Wirkdemonstration voll ausgeschöpft und die Story eines Werbefilms effektiv zu Ende erzählt.
Was bringt es für mich?
Was es also wirklich ausmacht, ist die Kombination aus Wirkbeweis und der Antwort auf die Frage »What’s in for me?«. Auch hierzu haben wir Belege aus unseren Studienergebnissen: Diese Art, den persönlichen Benefit in Szene zu setzen und in eine konkrete Handlungsaufforderung münden zu lassen, kann die Überzeugungskraft eines Spots annähernd um das 1,5fache steigern.
Kirsten Fischer
Kirsten Fischer ist Client Director bei der INNOFACT AG. Sie berät seit fast 25 Jahren Kunden mit dem Schwerpunkt Pre-Testing von Werbung. Sie hat nach Stationen bei INRA/ Ipsos und TNS/Kantar mit Hans Mumme und Dr. Jens Wernecken das COM-Test-System bei der INNOFACT AG etabliert.
Kontakt: comtest[at]innofact.com.
BEWEGTBILD VS PRINT – WAS IST WIRKSAMER?
Folge 3 im markenartikel-Magazin 1-2/24 mit Dr. Jens Wernecken
Im Rahmen der Lessons-Learned-Serie geht es dieses Mal um die ewige Diskussion: Bewegtbild oder Print? Hier gibt es jenseits der emotionalen Bewertung auch klare Empfehlungen.
Der Hollywood-Legende Bette Davis wird folgendes Zitat zugeschrieben: »Fernsehen ist fabelhaft. Man bekommt nicht nur Kopfschmerzen davon, sondern erfährt auch gleich in der Werbung, welche Tabletten dagegen helfen.« Wenn es so einfach wäre, wäre Fernsehwerbung allen anderen Werbeformaten in puncto Effektivität hoch überlegen. Aber stimmt das? Ist ein Werbefilm tatsächlich wirksamer im Vergleich zu Printwerbung?
Gleichwertige Optionen
Unsere Studiendaten zeigen deutlich, dass TV- und Print-Werbung prinzipiell gleichwertige Optionen sind. Denn das Potenzial, das Interesse der Zielgruppe zu wecken und von der beworbenen Marke zu überzeugen, ist in beiden Fällen gleich groß. Dies gilt sowohl für neue wie für existierende Produkte, für verschiedene Branchen sowie für Frauen und Männer. Erwartungsgemäß zeigen sich allerdings unterschiedliche Stärken, wie das Wirkpotenzial zustande kommt: Während Bewegtbild eine besondere Faszination entfalten und Menschen in eine einzigartige Welt entführen kann, vermittelt Print in der Regel besser Informationen und wirkt insgesamt glaubwürdiger.
Emotion versus Information
Aber: Keine Regel ohne Ausnahme! Erinnern Sie sich noch an die klassische Magnum-Werbung, die im Grunde nicht mehr als die geöffneten Lippen einer Frau zeigte? Es gibt Printmotive, die die Macht der Bilder kraftvoll nutzen und erfolgreich Emotionen wirken lassen – und zwar ohne viel textliche Information. Ebenso gibt es auch Spots, die sich in der kreativen Inszenierung derart exponieren, dass sich die Rezipienten in der Geschichte verlieren – mit dem Effekt, dass kaum Markenwirkung festzustellen ist. Letztlich kommt es darauf an, was vermittelt werden soll und wie gut man eine aussagekräftige Markenbotschaft kreativ inszeniert. Und selbstverständlich sind in die Überlegungen zum richtigen Werbekanal auch die Erreichbarkeit der anvisierten Zielgruppe, das Mediabudget und weitere Fragen der Mediaplanung einzubeziehen.
Goldene Faustregel
Wenn man aber eine Empfehlung abgeben soll, kann eine Faustregel lauten: Print ist immer dann eine gute Wahl, wenn echte Neuigkeiten glaubwürdig transportiert werden sollen. Spots sind hingegen eine gute, vielleicht auch die bessere Wahl, wenn emotionale Erlebniswelten um Marken herum geschaffen und ausgestaltet werden sollen. Das bedeutet aber nicht, dass Marketer sich nicht bewusst risikoreich entscheiden können. Wer die beschriebenen Mechanismen der Medien kennt, weiß, mit welchen Barrieren zu rechnen ist – und wie man sie mit Kreativität und Überraschungseffekt überwinden kann.
Dr. Jens Wernecken
Dr. Jens Wernecken ist Client Director bei der INNOFACT AG und Experte für Kommunikationsforschung. Er hat mit Kirsten Fischer und Hans Mumme das Forschungssystem COM-Test entwickelt und etabliert. Zuvor war Wernecken rund 25 Jahre in verschiedenen Funktionen für Ipsos und Kantar tätig.
Kontakt: comtest[at]innofact.com.
JE LÄNGER DESTO BESSER? ÜBER DIE DAUER VON TV-SPOTS
Folge 2 im markenartikel-Magazin 12/23 mit Dr. Jens Wernecken
Im Rahmen der Lessons-Learned-Serie geht es dieses Mal um die Dauer von Spots. Immer wieder kontrovers diskutiert, ist es ein Thema, um das Marketer ringen müssen. Dabei gibt es handfeste Erfahrungswerte.
Regelmäßig hört man in Gesprächen mit Marketing und Werbeagenturen, dass es einen deutlichen Unterschied mache, ob bei einem TV-Spot ein 15-, 20- oder 30-Sekünder geplant ist. Wenn man an die Möglichkeiten denkt, eine Geschichte zu erzählen, bietet mehr Zeit natürlich auch mehr Raum, um eine Handlung zu entfalten. Aber ist ein längerer Film deshalb einem kürzeren in puncto Wirksamkeit generell überlegen?
Lang oder lieber kurz?
In Anbetracht unserer Testdaten schlägt das Pendel stärker zum ‚Nein‘ aus. Denn das Gesamtpotenzial, von der jeweils beworbenen Marke zu überzeugen, ist bei TV-Spots unterschiedlicher Länge in unserer Datenbank nahezu identisch. Wir haben sehr leistungsfähige Filme auf dem Prüfstand gehabt, die in weniger als zehn Sekunden überaus wirksam waren – aber eben auch lange Exekutionen, deren Story als langatmig und für die Marke wenig zielführend eingeordnet wurde. Auch Missverständnisse lassen sich sowohl mit kurzen wie mit langen Filmen auslösen. Interessant ist aber, dass es zwischen 20 und 30 Sekunden Filmlänge tatsächlich so gut wie keinen Wirkungsunterschied gibt, zumindest bei mehrfachem Sehen.
Aber, und auch das sollte Teil einer fundierteren Antwort sein, längere Filme sind kürzeren Versionen durchaus überlegen, wenn es darum geht, den Absender deutlicher zu positionieren. Länge punktet also tatsächlich, wenn man in Branding-Stärke denkt. Was allerdings weniger daran liegt, dass bei mehr verfügbarer Zeit das Markenlogo öfter im Bild eingeblendet werden kann, sondern daran, dass es mit zusätzlichen Sekunden auch besser gelingen kann, die Marke in der Story eindrucks- und erinnerungsvoll zu inszenieren.
Von Fall zu Fall
Und schließlich sollte man in jedem Fall berücksichtigen, was in der zur Verfügung stehenden Zeit vermittelt werden soll. Zum Beispiel kann eine verkürzte Replikation einer etablierten Markenwelt oder die Vorstellung einer Line-Extension mit einem Kurzfilm gut gelingen. Ein ganz neues, erklärungsbedürftiges Angebot hingegen benötigt einen längeren Anlauf.
Riskantes Kürzen
Ein echtes Risiko bildet auch die Kürzung eines langen zu einem kurzen Spot: Hier muss genau überprüft werden, ob alle wirksamen Elemente und die Verständlichkeit weiterhin gegeben sind.
Wirksame Werbespots müssen also nicht immer in einer Langversion entwickelt und ausgestrahlt werden. Manchmal tut es auch die Kurzfassung – die dann auch noch den Vorteil bietet, mehr Kontaktchancen bei gleichem Mediaetat zu generieren.
Dr. Jens Wernecken
Dr. Jens Wernecken ist Client Director bei der INNOFACT AG und Experte für Kommunikationsforschung. Er hat mit Kirsten Fischer und Hans Mumme das Forschungssystem COM-Test entwickelt und etabliert. Zuvor war Wernecken rund 25 Jahre in verschiedenen Funktionen für Ipsos und Kantar tätig.
Kontakt: comtest[at]innofact.com.
WAS HILFT BEI SCHWACHEM BRANDING VON TV-SPOTS?
Folge 1 im markenartikel-Magazin 11/23 mit Hans Mumme
Kommunikation ist Erfahrung und Handwerk. Markenführende könnten daher stark von Expertenwissen profitieren. Diese Schatzkiste öffnen die Kommunikationsforscher von INNOFACT exklusiv für markenartikel – im Rahmen der Serie ‚Lessons learned‘.
Viele Kunden glauben, dass ein kleines Logo am Bildrand alle Branding-Probleme eines Werbespots lösen könnte. Das ist leider ein Trugschluss. Zwar schadet die Einblendung in der Regel nicht, ihre Effekte sind jedoch meist überschaubar. Insbesondere wenn der Spot eine interessante, womöglich sogar mitreißende Handlung hat, fokussiert kaum ein Zuschauer sich darauf, was am Bildrand zu sehen ist.
Wie kann man aber prüfen, wie es um die Markenkennung eines Spots bestellt ist? Dazu gibt es einen recht einfachen (und alten) Trick: Versuchen Sie einmal, den Plot nachzuerzählen. Schaffen Sie es, ohne das Produkt zu erwähnen? Dann kann man davon ausgehen, dass Ihre Marke nicht der ‚Held‘ des Spots und das Branding schwach ist. Abhilfe schafft in diesem Fall nur eine Uminszenierung, mit dem Ziel, das Produkt eindeutig in den Mittelpunkt zu stellen – oder gar die Kreation einer völlig neuen Handlung.
Qualität und Identifikation
Eine aktuelle Auswertung mithilfe der INNOFACT-Datenbank zeigt ganz klar: Am stärksten wird die Durchsetzungskraft eines Spots von der Qualität der Story sowie vom Identifikationspotenzial durch die Handlung beeinflusst. Zudem muss die Marke nachvollziehbar und eindeutig in die Story eingebettet sein. Dann steigt die Wahrscheinlichkeit, erinnert zu werden. Ist die Marke hingegen lediglich ‚penetrant‘ im Film präsent, kann dies sogar eine negative Wirkung haben. Wichtiger als die Markenzeichen möglichst häufig und deutlich auftauchen zu lassen, ist also eine ansprechende Geschichte zu erzählen, in der sich der Betrachter in der Verwendungssituation mit der Marke gut wiederfinden kann. Aber keine Regel ohne Ausnahmen: Welche Maßnahmen jeweils am erfolgversprechendsten sind, hängt auch davon ab, ob es sich um eine bekannte oder um eine neue Marke handelt. Wie gefestigt ist das Markenbild? Werden der Marke bestimmte Zeichen oder Symbole bereits fest zugeordnet, weil sie gelernt sind und dem Branding entsprechend Rückenwind geben? Auch diese Faktoren müssen in Betracht gezogen werden, um die Durchsetzungskraft individuell zu optimieren. Davon auszugehen, dass Branding vor allem über Logopräsenz oder die Einblendung des Markennamens getrieben wird, ist indessen zu kurz gegriffen. Merke: Die interessante Inszenierung der Marke machts – nicht die häufige oder gar durchgängige Platzierung des Namens oder Logos!
Hans Mumme
Hans Mumme ist seit rund 25 Jahren Kommunikationsforscher. Nach Stationen bei INRA/Ipsos und TNS/Kantar ist er seit 2021 Client Director bei der INNOFACT AG und hat dort gemeinsam mit Dr. Jens Wernecken und Kirsten Fischer das Forschungssystem COM-Test entwickelt. Mumme berät Kunden aus verschiedenen Branchen zur Optimierung von Markenkommunikation jeglicher Art.
Kontakt: comtest[at]innofact.com.
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