Verivox Studie: Wiederkehr der Atomkraft – Deutsche wollen neue AKW bauen

fnp.de: Im Wahlkampf hatte die Union, vor allem die CSU unter der Führung von Markus Söder, eine Rückkehr zur Atomkraft versprochen. Beziehungsweise: Gefordert wurde zumindest eine Überprüfung der Abschaltung und einen Stopp des Rückbaus alter Atommeiler. Eine aktuelle Umfrage von Anfang April stellt auch fest: Der Rückhalt in der Bevölkerung wäre da. Feuer frei für die Atomkraft, also?

Die Deutschen wollen zurück zur Atomkraft: 55 Prozent sind dafür

Mehr als jeder Zweite wünscht sich nach einer aktuellen Umfrage einen Wiedereinstieg in die Atomkraft. Insgesamt 55 Prozent befürworteten das in einer Online-Befragung im Auftrag des Vergleichsportals Verivox. Insgesamt 1.007 Menschen nahmen zwischen dem 27. und dem 31. März an der nach Angaben des Meinungsforschungsinstituts INNOFACT repräsentativen Umfrage teil. Darin lehnten 36 Prozent eine erneute Nutzung der Atomkraft ab, 9 Prozent zeigten sich unentschieden.

Für den Wiederbetrieb abgeschalteter AKW und den Neubau weiterer Kraftwerke waren in der Umfrage 32 Prozent der Teilnehmer. 22 Prozent möchten nur die zuletzt stillgelegten Meiler wieder in Betrieb nehmen. Bei Männern ist die Zustimmung zur Kernkraft größer als bei Frauen.

Deutschland war Mitte April 2023 aus der Nutzung von Kernenergie ausgestiegen. Die letzten drei Meiler wurden endgültig abgeschaltet. Davor hatte die Bundesregierung aufgrund der Energiekrise infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine entschieden, die Meiler noch für ein paar Monate länger laufen zu lassen.

Söder muss zurückrudern: Atomkraft ergibt „wirtschaftlich keinen Sinn mehr“

Doch obwohl es eine der großen Forderungen der Union war, plant die neue Koalition aus Union und SPD jetzt doch keinen Wiedereinstieg in die Atomkraft. Sie kommt im Koalitionsvertrag nicht mehr vor. „Die Kernenergie war nicht mehr möglich zu machen“, sagte Söder in München nach Abschluss der Koalitionsgespräche.

Die CSU habe den Wunsch geäußert, eine politische Mehrheit dafür sei nicht erreicht worden. „Das ließ sich nicht umsetzen“, sagte Söder. „Und aufgrund des Zeitablaufes, der sich dann irgendwann auch mal ergibt, es dann wirtschaftlich irgendwann auch mal keinen Sinn mehr macht.“

Damit dürfte die Atomenergie in Deutschland ad acta gelegt werden. Das dürfte auch die Betreiber der Atomkraftwerke erleichtern. Der Betreiber des bayerischen Meilers Isar 2, Preußen Elektra, hatte sich vor genau einem Jahr ziemlich deutlich positioniert. Ich beteilige mich an dieser Diskussion nicht mehr, für uns ist die Sachlage klar, wir machen Rückbau“, so Carsten Müller, Leiter von Isar 2.

Stromkosten sind durch AKW-Aus gestiegen – Rückkehr wäre aber noch teurer

Welche Folgen der Atomausstieg für Deutschland hatte, ist umstritten. Eine aktuelle Untersuchung der Boston Consolting Group im Auftrag des Industrieverbands BDI kam zu dem Schluss, dass der Ausstieg zu höheren Stromsystemkosten und damit Netzentgelten geführt hat. Denn als 2011 klar wurde, dass die Kraftwerke abgeschaltet werden mussten, hat Deutschland massiv in alternative Energien investieren müssen. Dieser rasante Ausbau hatte zur Folge, dass sich die Stromkosten innerhalb von 15 Jahren verdoppelt haben.

Dem Wiedereinstieg in die Atomkraft erteilt die Industrie aber eine klare Absage. Verglichen mit anderen europäischen Neubauprojekten, wie Hinkley Point C in Großbritannien und Flamanville 3 in Frankreich, würde ein neues Atomkraftwerk zunächst teuren Strom produzieren – genau genommen 50 Prozent teurer als der aktuelle Börsenstrompreis. „Ein Wiederanfahren der zuletzt stillgelegten Kraftwerke wäre sehr wahrscheinlich günstiger, hat aber sehr unsichere Realisierungschancen“, so die Autoren. Sie gehen außerdem davon aus, dass das deutsche Stromsystem bis zur Inbetriebnahme eines neuen Kernkraftwerks (15-20 Jahre Bauzeit) keinen großen Bedarf mehr an Bandlaststrom haben wird.

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