Erfolgsfaktoren bei der Verknüpfung von Zielgruppen Segmentierung und CRM-Daten für eine optimierte Kundenansprache – ein Fachbeitrag von Tomislav Djoja und Christian Thunig

consulting.de: Kann man für seine CRM-Datenbank sehr strukturiert eine Segmentierung auf Basis des realen Marktes ableiten, ohne immer die eigene Kundenbasis befragen und profilieren zu müssen? Die Antwort ist: man kann – wie Christian Thunig und Tomislav Djoja von INNOFACT zeigen.

Manchmal gerät das völlig aus dem Blick: Marktforschung bietet nicht nur die Basis für Markenarbeit und Marketing, sondern kann auch für den Vertrieb einen unmittelbaren Impact haben. Das zeigt sich insbesondere beim Thema Kundensegmentierung. Hier werden in sich homogene Gruppen von Kunden gebildet (sog. Personas), um sie kommunikativ und vertrieblich separat und gezielt ansprechen zu können.

Dabei schauen allerdings in der Regel  Customer Relationship Manager zur Entwicklung von Personas häufig nur in die eigene Kundendatenbank. Der Versuch, innerhalb der eigenen CRM-Daten Segmente von Kunden zu extrahieren, ist oft sehr selbstreferenziell und liefert in den allermeisten Fällen keine weiteren Erkenntnisse zu den Gruppen wie beispielsweise weitere soziodemographische und psychografische Merkmale oder Informationen für die zielgenaue Ansprache (z.B. die Mediennutzung). Viel besser ist es, eine repräsentative Stichprobe als Model für die eigene Segmentierung heranzuziehen, also eine repräsentative Zielgruppensegmentierung zu entwickeln und diese mit dem eigenen CRM zu verknüpfen. Innofact hat hierzu ein dreistufiges Verfahren entwickelt.

Schritt 1: Die repräsentative Zielgruppensegmentierung

Zunächst wird eine repräsentative Verbraucherbefragung, z.B. über eine Online-Befragung, durchgeführt. Sie bildet die umfangreiche Datengrundlage der repräsentativen Zielgruppensegmentierung. Die eigentliche Segmentierung wird dann anhand von Faktoren- und Clusteranalyse ausgeführt und eine detaillierte Beschreibung der Personas, inkl. ihres Kaufverhaltens, erstellt.

So befragten wir in einem konkreten Falle Menschen zum Thema Kaufverhalten von Beauty- und Parfümerieprodukten, um eine repräsentative Segmentierung zu entwickeln. Die gefundenen Personas unterschieden sich in Wesentlichem in Kaufeigenschaften wie

  • die Ausgabebereitschaft: Schnäppchenjäger versus Premiumanspruch,
  • die Kauffrequenz: häufig versus selten,
  • Anlässe: Geschenk versus Eigenbedarf,
  • Einstellungen und Werte zu Nachhaltigkeit versus unreflektiertem Konsum
  • gewünschte Kanäle von Online versus Offline versus Mobile.

Damit ist eine wichtige Basis für das weitere Verfahren geschafft. Allerdings muss man schon an dieser Stelle die eigenen CRM-Daten im Blick behalten. Daher gibt es an dieser Stelle bereits zwei wichtige Lektionen:

  1. Die Segmentierungsmerkmale der repräsentativen Befragung müssen kompatibel mit den Merkmalen der eigenen CRM-Daten sein. Ist eine Segmentierung des Kaufverhaltens gewünscht, werden CRM- Daten, die ausschließlich aus Alter und Geschlecht bestehen, kaum zu einer zielgenauen Übertragung führen. Die CRM- Daten stehen sozusagen „Modell“ für die Segmentierungsbefragung.
  2. Eine Sichtung der im Unternehmen vorhandenen CRM-Datenbasis ist zwingend notwendig. So muss eine Übersicht über Art und Vollständigkeit der erhobenen Daten ermittelt werden sowie eventuell separat oder mehrfach vorliegende Daten zusammengeführt werden.

Beide Punkte sind jedoch durchaus lösbar, denn zu den CRM-Daten könnten externe Informationen angespielt werden oder wenn Segmentierung langfristig gedacht wird, könnten zudem zukünftig zusätzliche CRM-Daten erhoben werden. Das heißt, es wird zunächst die eigene CRM-Datenbank mit den notwendigen Merkmalen über einen gewissen Zeitraum angereichert, um später dann den Match mit repräsentativen Daten herbeizuführen.

Schritt 2: Übertragung der Segmentierung auf Übungsdaten aus der CRM -Datenbank

Im zweiten Schritt findet eine erste Zusammenführung statt. Hier wird die ermittelte Zielgruppensegmentierung mit den CRM-Daten des Unternehmens verknüpft, indem erst einmal nur für eine kleine repräsentative Stichprobe der Kunden in der CRM-Datenbank die Segmentierungsmerkmale aus Schritt 1 erhoben werden. Dadurch können die befragten Kunden den Zielgruppensegmenten zugeordnet werden. Dieser Prozessschritt ist wichtig, um zunächst einmal Trainingsdatensätze für das eigene CRM zu entwickeln.

Schritt 3: Überprüfung der Zuordnungsgüte und Segmentierung der kompletten CRM-Daten

Im finalen Schritt der Verknüpfung werden dann auf diesem zunächst kleinen Kundendatensatz Klassifikationsregeln trainiert, die dann eine Zuordnung (Klassifikation) aller Kunden auf Basis Ihrer CRM-Daten und unabhängig von den für die ursprüngliche Segmentierung genutzten Variablen ermöglichen. Ziel ist es, die ermittelte Segmentierung daraufhin zu überprüfen, ob sich Regeln entwickeln lassen, die es erlauben, die Kunden in der eigenen CRM-Datenbank den entsprechenden Segmenten gut zuordnen zu lassen. Diese Regeln werden je nach Datenlage durch Verwendung verschiedener moderner Klassifikationsverfahren wie beispielsweise Diskriminanzanalyse, neuronale Netze, Support-Vector-Machine oder Entscheidungsbäumen (Random Forests) entwickelt.

Auch hier gibt es ein Learning: Eine Zuordnungsgenauigkeit von 100 Prozent ist wie bei allen Klassifikationsverfahren kaum zu erreichen, jedoch führen auch weit geringere Raten zu einem echten Erkenntnisgewinn. Aber durch die vorgestellten drei Schritte lassen sich über die Befragung eines Bruchteils der in den CRM-Daten erfassten Kunden schnell und mit vergleichsweise geringem Aufwand weite Teile der Kunden den Zielgruppensegmenten zuordnen. Für den Vertrieb ist dies spannend und wichtig zugleich, da jeder weitere Kunde mit seinen erfassten Merkmalen in der Datenbank unmittelbar einem Segment zugeordnet werden kann. Und natürlich können die eigenen Kunden bei einer sauberen Segmentierung viel zielgerichteter angesprochen und bearbeitet werden.  Und zu guter Letzt: Da ein Abgleich mit dem Markt stattfindet, nämlich über die repräsentative Zielgruppensegmentierung zum Start des Prozesses, können Unternehmen auch sehen, in welchen Segmenten sie in der eigene Kundenbasis noch unterrepräsentiert sind.

Das Beautyunternehmen konnte so innerhalb kürzester Zeit seine CRM-Daten aufwerten – und noch viel besser, seine CRM-Daten noch effizienter nutzen.

Zu den Autoren:

Christian Thunig ist Managing Partner bei der INNOFACT AG. Zuvor war der diplomierte Kaufmann 17 Jahre bei der Verlagsgruppe Handelsblatt. Zuletzt war er Chefredakteur der absatzwirtschaft – Zeitschrift für Marketing. Er ist Mitglied der Marken-Award-Jury. Schwerpunkte sind Verlage, Markenführung und Marketing.

Tomislav Djoja ist Unit Director bei der INNOFACT AG. Seine Schwerpunkte sind Markentrackings, Werbeforschung, Werbetracking, B2B-Befragungen sowie Conjoint-Analysen. Er betreut bei INNOFACT Kunden wie Ströer Media, AXA, SCHUFA, Christ Juweliere & Uhrmacher, Crossmedia oder Unibail-Rodamco-Westfield (Betreiber von Shoppingcentern, u.a. CentrO Oberhausen).

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