BDU Studie: Fast 70 Prozent der Wirtschaftselite hält die Klimaneutralität bis 2045 für unrealistisch

wiwo.de: Nachhaltiges Wirtschaften ist eine von vielen Herausforderungen, mit denen sich Unternehmen befassen. Doch wie schätzen Führungskräfte und Beraterinnen die Chancen in Deutschland ein?

Globale Lieferketten, Fachkräftemangel, Preisdruck – Unternehmen stehen vor einer Vielzahl an Herausforderungen, die Liste wird länger. Doch wie steht es um das nachhaltige Wirtschaften? Die deutsche Wirtschaftselite zeigt sich nicht immer optimistisch.

Das zeigt eine Studie des Bundesverbands Deutscher Unternehmensberatungen (BDU) und dem Marktforschungsinstitut INNOFACT, die 220 Führungskräfte aus Unternehmen und 213 Consultants zu der Transformation zum nachhaltigen Wirtschaften im Zeitraum vom 15. September bis 5. Oktober befragt haben.

Beim nachhaltigen Wirtschaften werden soziale, ökologische und ökonomische Interessen eines Unternehmens aufeinander abgestimmt. Der Transformationsprozess soll dabei gewährleisten, dass Unternehmen ihren Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten und von der Regierung vorgegebene Rahmenbedingungen erfüllen. Dabei sind Unternehmer in ihren eigenen Reihen zuversichtlicher, als wenn es um die gesamte Bundesrepublik geht: 28,4 Prozent der deutschen Führungskräfte und Consultants stufen die nachhaltige Transformation in ihrem eigenen Unternehmen als sehr stark ein, rund zehn Prozent weniger teilen dieselbe Ansicht für die Transformation in der gesamten deutschen Wirtschaft.

Schlechte Noten für die Bundesregierung

Der Transformationsprozess wird durch verschiedene Herausforderungen erschwert. Ganz oben: die deutsche Bürokratie. Dass Deutschland das Land der Überregulierung ist, ist bekannt. Allein auf Bundesebene müssen Unternehmen 2331 Normen beachten, wie eine Untersuchung der Beratung Deloitte aus dem Jahr 2019 zeigt. Das bekommen Führungskräfte zu spüren: Rund 38 Prozent sehen die bürokratischen Hindernisse als größte Herausforderung für den Transformationsprozess. Dicht gefolgt von der aktuellen Unsicherheit durch die Politik. Aber auch der Fachkräftemangel zeichnet sich ab: Rund 31 Prozent der befragten Führungskräfte geben an, dass fehlende personelle Ressourcen zu einer ihrer Herausforderungen zählt.

Bei der Frage nach den größten Hindernissen lässt sich ein großer Unterschied zwischen den Führungskräften und Consultants erkennen. Während fast jede zweite Führungskraft fehlende finanzielle Mittel beklagt, liegt der Anteil bei Consultants lediglich bei 14,6 Prozent.

Insgesamt bekommt die Arbeit der Bundesregierung eine schlechte Note. Rund 31 Prozent der Führungskräfte und Consultants sehen die Ziele für ihr Unternehmen als realistisch umsetzbar, nur rund 22 Prozent schätzen allerdings die Ziele der Ampel hinsichtlich der nachhaltigen Transformation als ausreichend transparent ein. Auch das Erreichen der Kernziele der Bundesregierung wird wenig hoffnungsvoll gesehen: 31,6 Prozent der deutschen Führungskräfte und Berater halten die Klimaneutralität bis 2045 für realistisch. Fast die Hälfte der befragten Personen kritisieren, dass bisher unklar geblieben ist, wie das Ziel überhaupt erreicht werden soll.

Vor allem Consultants sind aufgrund ihrer Erfahrung in Transformationsprozessen grundsätzlich kritischer eingestellt als Führungskräfte, so der BDU. Lediglich 6 Prozent sind der Meinung, dass die Ampel den Transformationsprozess zielorientiert führt. Rund 97 Prozent der Beraterinnen und Berater können außerdem keine ausreichende Differenzierung der Finanzierung nach individuellen Erfordernissen erkennen. Unter den Führungskräften sind es immerhin rund 30 Prozent.

Ukraine-Krieg macht Unternehmen zu schaffen

Getrübt sind die Aussichten der nachhaltigen Transformation in diesem Jahr auch durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Knapp die Hälfte aller Befragungsteilnehmenden ist der Meinung, dass die Voraussetzungen für den Transformationsprozess durch den Krieg schwerer geworden sind. Rund 41 Prozent glauben an die Unabhängigkeit von russischem Gas.

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