ADAC Studie: Lademöglichkeiten in Mehrfamilienhäusern unzureichend

adac.de: Wer ein Elektroauto besitzt, möchte es gerne zu Hause aufladen. Doch wie sieht es mit den Lademöglichkeiten in privaten Tiefgaragen von Mehrfamilienhäusern aus? Die aktuelle Umfrage des ADAC zeigt: Es ist noch viel Luft nach oben.

  • Lademöglichkeit noch immer die Ausnahme

  • Nur sieben Prozent der Tiefgaragen mit Wallboxen

  • Nutzung von Ökostrom nimmt zu

Für die Weiterentwicklung der E-Mobilität ist das Laden zu Hause ein wichtiger Baustein. In Einfamilienhäusern lässt sich das natürlich viel leichter umsetzen als in Mehrfamilienhäusern. Das Problem: Gerade in den Städten, wo der Verkehr am stärksten ist, soll mit Hilfe von Elektroautos der CO₂-Ausstoß reduziert werden. Doch in den Städten wohnen die Menschen eher in Mehrfamilienhäusern, die im besten Fall eine Tiefgarage oder Stellplätze haben. Allerdings sind die meist nicht oder nur unzureichend mit Lademöglichkeiten für Elektroautos ausgestattet.

Lademöglichkeiten: Seit 2019 kaum verbessert

Bereits 2019 hat sich der ADAC dieses Themas angenommen und wollte von Hauseigentümern und Hauseigentümerinnen, Hausverwaltungen und Wohnungsbaugenossenschaften wissen, ob es in Tiefgaragen von Mehrfamilienhäusernausreichend Lademöglichkeiten gibt, und was in Zukunft diesbezüglich geplant ist. Das Ergebnis damals war enttäuschend: Nur wenige Mieter und Mieterinnen hatten die Möglichkeit, ihr Auto in der Tiefgarage aufzuladen.

Jetzt, drei Jahre später, hat der ADAC die Umfrage erneut durchgeführt, um zu sehen, was sich in Sachen „Laden in Mehrfamilienhäusern“ zwischenzeitlich getan hat. Nach den sehr ernüchternden Ergebnissen der ersten Umfrage lautet das Fazit dieses Mal: Die Lage ist etwas besser, aber immer noch völlig unzureichend – trotz geänderter Gesetzeslage.

82 Prozent der Objekte ohne Lademöglichkeit

2022 erreichten die neu zugelassenen Pkw mit reinem Elektroantrieb einen neuen Rekordwert. 470.559 Autokäufer und -käuferinnen entschieden sich für ein Elektroauto – mehr als jemals zuvor. Somit sind derzeit rund eine Million vollelektrische Pkw unterwegs.

Während sich immer mehr Menschen für ein Elektrofahrzeug entscheiden, verschlechtern sich aktuell die Rahmenbedingungen für die Elektromobilität: Teure Fahrzeuge, steigende Strompreise, sinkende Förderungen, und die private wie auch die öffentliche Ladeinfrastruktur kommen nur schleppend voran.

Lediglich sieben Prozent der Mehrfamilienhäuser bieten laut der aktuellen Befragung ihren Bewohnern und Bewohnerinnen Wallboxen oder Ladesäulen. Zwar hat sich der Anteil gegenüber 2019 (zwei Prozent) mehr als verdreifacht, er ist aber noch immer auf einem sehr niedrigen Niveau.

Immerhin elf Prozent der Objekte bieten zumindest eine Steckdose zum Aufladen für ein Elektrofahrzeug. Vor drei Jahren waren es nur zwei Prozent. Steckdosen sind allerdings zum Laden von E-Autos deutlich weniger geeignet als Wallboxen, denn die Ladezeit ist gegenüber Wallboxen deutlich länger. 230V-Steckdosen sollten nach Meinung des ADAC ohnhin nicht zum Laden von Elektrofahrzeugen verwendet werden.

Ökostrom-Nutzung nimmt zu

40 Prozent der Stromanschlüsse werden aktuell mit Ökostrom betrieben. Das sind mehr als doppelt so viele wie bei der letzten Befragung. Damals gaben die Teilnehmenden das nur für 17 Prozent an.

Planungen gehen in Richtung Ausbau

Laut Umfrage ist das Bewusstsein für einen dringend notwendigen Ausbau der Ladeinfrastruktur auch bei den Wohnungsbau-Unternehmen gestiegen. Nur noch 26 Prozent der befragten Unternehmen sind nicht sicher, ob sie Lademöglichkeiten installieren lassen sollten. Vor drei Jahren war noch jedes zweite unschlüssig.

Knapp ein Drittel der Unternehmen, die bisher nur Objekte ohne Lademöglichkeit betreuen, plant zukünftig einen Ausbau der Infrastruktur.

Aber auch die „Ladepioniere“ gehen weiter voran: Für zwei Drittel aller Objekte, die bereits über Lademöglichkeiten verfügen, planen die Unternehmen innerhalb der nächsten zwei Jahre einen weiteren Ausbau. Das gaben im Jahr 2019 nicht mal halb so viele Befragte an, nämlich 27 Prozent.

Einfache Angebote und Förderung gefragt

15 Millionen Elektroautos sollen bis 2030 auf Deutschlands Straßen fahren. Für diese muss auch die Möglichkeit geschaffen werden, sie aufzuladen. Und das nicht nur an öffentlichen Ladesäulen oder am Arbeitsplatz, sondern gerade auch über Nacht am Wohnsitz der Fahrer und Fahrerinnen.

Serviceorientierte Komplettlösungen würden den privaten Ausbau stärken. Gut jedes zweite Unternehmen (53 Prozent), das noch kein Objekt mit Lademöglichkeit betreut, wünscht sich für die Installation „Angebote aus einer Hand“ mit Planung, Montage, Inbetriebnahme und Abrechnung.

55 Prozent der Befragten geben an, dass zudem Förderprogramme hilfreich bei der Entscheidung pro Ladeinfrastruktur wären. Ein Knackpunkt scheint immer noch die mögliche mangelnde Nachfrage der Bewohner und Bewohnerinnen zu sein. Zumindest begründen 46 Prozent der Unternehmen ohne Lademöglichkeit ihre ablehnende Haltung zur Installation damit. Allerdings ändert sich auch an dieser Stelle langsam etwas: Vor drei Jahren waren das noch 79 Prozent der Befragten.

WEG: Neue Rechtslage hat noch wenig Einfluss

Seit der Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) zum 1. Dezember 2020 haben es Mieter und Mieterinnen sowie Eigentümer und Eigentümerinnen in Mehrfamilienhäusern grundsätzlich einfacher, einen Anspruch auf eine Lademöglichkeit an ihrem Stellplatz durchzusetzen.

31 Prozent der befragten Unternehmen haben seitdem vermehrt entsprechende Anfragen registriert. Die Hälfte der Befragten sagt aber, die WEG-Änderung beeinflusse sie wenig oder gar nicht bei der Einrichtung von Ladeinfrastruktur. Unabhängig davon geben 58 Prozent der Unternehmen an, Interessenten bei Anfragen zu Lademöglichkeiten zu unterstützen.

Was sagt der ADAC dazu?

Um die Klimaziele im Verkehr zu erreichen, ist es wichtig, die Pkw- und Lkw-Flotte zu dekarbonisieren – das heißt weg von der Nutzung kohlenstoffhaltiger Energieträger. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur in Deutschland kommt voran. Ende des Jahres wurden rund 72.000 öffentliche Ladepunkte gezählt. Das ist aber noch lange nicht genug.

Der Ausbau der Ladeinfrastruktur muss schneller werden. Administrative Hindernisse und Planungsengpässe auf kommunaler, Landes- und Bundesebene müssen abgebaut werden. Auch das private Laden in Mehrfamilienhäusern sowie das Laden beim Arbeitgeber müssen vorangebracht werden.

Die Nutzerfreundlichkeit von E-Mobilität muss erhöht werden, damit Unsicherheiten der Verbraucher und Verbraucherinnen beseitigt werden. Um das zu erreichen, müssen Elektroautobesitzer und -besitzerinnen – und zwar so viele wie möglich und so schnell wie möglich – ihr Auto auch zu Hause laden können.

Methodik: So wurde die Befragung durchgeführt

Der ADAC hat 916 Unternehmen wie Wohnungsbauunternehmen, Genossenschaften sowie Hausverwaltungen in elf Städten ermittelt und angeschrieben. 250 Unternehmen, die Objekte mit mehr als zehn Stellplätzen betreuen, haben an der Befragung teilgenommen.

Der ADAC wollte von den Unternehmen wissen, wie viele ihrer Objekte mindestens eine Lademöglichkeit – Steckdose oder Ladesäule – haben. Des Weiteren wurde gefragt, ob Ökostrom zum Aufladen der Fahrzeuge genutzt wird, und ob es Pläne zum Ausbau der Ladeinfrastruktur gibt.

Gab es zum Erhebungszeitpunkt keinerlei Stromversorgung, sollten die Unternehmen die Gründe dafür nennen und die Faktoren, die bei ihrer Entscheidung für die Einrichtung einer Ladeinfrastruktur hilfreich sein könnten.

Die Erhebung fand im Juli und August 2022 statt. Mit der Durchführung der Befragung und der Auswertung der Daten beauftragte der ADAC das Institut INNOFACT aus Düsseldorf. Das Institut hatte bereits die erste Befragung im Jahr 2019 durchgeführt.

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