Innov-AI-tive Marktforschung – Warum die Branche ihr Licht nicht unter den Scheffel stellen muss. Ein Editorial von Christian Thunig auf marktforschung.de

Innovation in der Marktforschung ist dieser Tage eng verwoben mit Künstlicher Intelligenz (KI) oder (Artificial Intelligence) AI. Nicht umsonst heißt das dossier.PLUS auch die innov-AI-tion days. Insofern fokussiert sich derzeit der Blick auf die Möglichkeiten, die KI in der Marktforschung bringen kann.

Abgesehen davon, dass das absolut seine Berechtigung hat, möchte ich allerdings zunächst einmal den Blick weiten und der Branche ein Lob aussprechen:

Marktforschung war schon immer am Puls der Zeit.

Bereits beim Hochlauf der New Economy waren sowohl etablierte Institute am Start sowie auch eine Reihe Online-Pioniere, die das Feld sehr schnell und sehr gründlich bereiteten. Dazu gehörte übrigens auch INNOFACT. Aber genug des Eigenlobs. Die Marktforschungsbranche hat es damals innerhalb kürzester Zeit verstanden – wie es so schön heißt – digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln oder schlicht gesagt Online-Marktforschung zu etablieren.

Nur zur Erinnerung: Die Verlage versuchen seit zwei Jahrzehnten, digitale Abos unter das Volk zu bringen. Erst in den letzten Jahren zeichnet sich langsam eine Bodensatzbildung ab.

Egal welche Branche, der Weg in die Digitalisierung war und ist immer sehr dornig und die Transformation schleppend und mühevoll. Die Marktforschung war bereits vor 20 Jahren gut unterwegs.

Die Digitalisierung wird eng durch Marktforschung begleitet

Seitdem ist noch viel mehr passiert: Mit der Verbreitung von Smartphones hat die Marktforschung rasch die mobile Plattformen zu nutzen gewusst. Mobile Umfragen, Apps und standortbasierte Dienste ermöglichen es zudem, Kunden in ihrem natürlichen Umfeld besser zu verstehen. Mit dem Aufkommen von Social Media begann die Marktforschung, dann diese Plattformen zu nutzen, um Meinungen, Stimmungen und Trends zu verstehen. Durch Social Media Monitoring konnten Unternehmen Echtzeit-Feedback von Kunden erhalten und ihre Marketingstrategien entsprechend anpassen.

Die Verfolgung des Verhaltens von Website-Besuchern wurde zu einem wichtigen Instrument. Durch Web-Analysetools konnten Unternehmen verstehen, wie Besucher mit ihren Online-Präsenzen interagieren und welche Produkte oder Informationen sie am meisten interessieren. Die Marktforschenden haben zudem vor Jahren schon begonnen, Big Data zu nutzen, um umfassendere Einblicke in das Verhalten von Verbrauchern und Markttrends zu gewinnen.

Insgesamt hat die Marktforschung häufig frühzeitig erkannt, dass die Digitalisierung enorme Chancen bietet, um effizientere, genauere und schnellere Einblicke in den Markt zu gewinnen.

Durch die Nutzung digitaler Tools und Technologien konnte sie sich weiterentwickeln und an den sich ständig verändernden Bedürfnisse von Unternehmen und Verbrauchern ausrichten.

Also Zwischenfazit: Wir sollten als Marktforschende unser Licht nicht unter den Scheffel stellen.

Denn während viele Branchen noch überlegen, wie KI eingesetzt werden kann, hat die Markt- und Sozialforschung schon viele Felder im Blick, wo KI helfen kann. Das bedeutet mithin nicht, dass sie am Ende der Entwicklung ist, aber es gibt bereits klare Vorstellungen, wie der Einsatz der KI weiter vorangetrieben werden kann. Und das ist wieder typisch Marktforschung, die mit ihren Menschen immer eher bescheiden daherkommt, nach dem Motto „ruhige Wasser sind tief“.

So gibt es bereits viele Einsatzfelder und diese werden wir bei den innovAItion days erleben. In jeder Phase des Forschungsprozesses kann KI bereits seinen Beitrag leisten. In der Fragebogenentwicklung können Forschende auf gute Ideen kommen, sich inspirieren und auch präzise Formulierungen liefern lassen. Anwendungen wie Segmentierungen von Zielgruppen oder Treiberanalysen können erheblich an Qualität und Tempo gewinnen. Aber auch in der Datenerhebung und -analyse (wie z.B. sozialen Medien, Kundenfeedback und Transaktionsdaten), bei der Aufbereitung der offenen Nennungen und Erstellung von Codebooks, Sentiment-Analysen und nicht zuletzt bei automatisiert erstellten Reports ist KI bereits ein guter „Mitarbeiter“. Und schließlich wird die Qualitätskontrolle der Daten aus dem Feld durch KI einen deutlichen Sprung machen und helfen sicherzustellen, dass nicht die Bots zuschlagen – auch wenn synthetische Befragungen, also Studien ohne Befragte bereits stattfinden – wenn man so will legale Bots.

Durch die Integration von KI in diese Prozesse können Institute wie Marktforschungsabteilungen schneller, genauer und effizienter werden. Im Anschluss daran stellt sich dann immer die Frage nach dem Einfluss auf den Jobmarkt.

Marktforschung ohne Marktforschende? Nein!

Das Briefing ist immer noch ein Prozess, der dem Prompting (an ein KI-System gerichtete Anweisung) vorausgehen muss. Die Kontrolle dessen, was passiert, obliegt den Menschen in der Markt- und Sozialforschung.

Wir müssen unser Handwerk weiterhin verstehen, sonst können wir die Ergebnisse nicht einordnen. Es darf nicht dazu kommen, dass Marktforschende nicht wissen, wie Ergebnisse generiert wurden.

Das Handwerk der Markt- und Sozialforschung bleibt wichtig. Die Standesregeln übrigens auch.

Die Jobprofile werden sich dagegen deutlich verändern müssen. Denn die KI muss fachkundig und intelligent angewiesen und gesteuert werden. Es gibt mittlerweile eine eigene Disziplin, die sich nur mit dem Prompting beschäftigt. Ein erster Hinweis für weitere Lernfelder in der Ausbildung. Und Marktforschende müssen immer verstehen, was und wie KI arbeitet, um sagen zu können, ob die Ergebnisse valide und reliabel sind.

Aber ich bin sicher, auch das werden wir in der Branche schnell antizipieren. Unsere Industrie ist sehr lernfähig und innovativ!

Christian Thunig ist Managing Partner bei der INNOFACT AG. Schwerpunkte seiner Arbeit sind Markenführung und Medien. Zuvor war der diplomierte Kaufmann 17 Jahre bei der Verlagsgruppe Handelsblatt. Er ist im Herausgeberbeirat der Plattform marktforschung.de und im Vorstand des BVM, des Berufsverbands Deutscher Markt und Sozialforscher e.V.. Er ist zudem Mitglied der Effie-Hauptjury (Deutschlands führendem Preis für Werbung, vergeben vom Gesamtverband der Kommunikationsagenturen) sowie in zahlreichen weiteren Jurys.

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Comparis Studie: Trotz Klimakrise – Junge Städter fliegen am häufigsten in die Ferien

watson.ch: Das beliebteste Verkehrsmittel für private Reisen ist laut Comparis trotz Klimakrise das Flugzeug. 46 Prozent der Erwachsenen in der Schweiz wollen 2024 in die Ferien fliegen. Gut ein Drittel fährt mit dem Auto in die Ferien, nur knapp 15 Prozent mit dem Zug.

Das zeigt eine am Donnerstag veröffentlichte repräsentative Umfrage des Online-Vergleichsdienstes Comparis. Vor allem Junge, Urbane und Einkommensstarke steigen ins Flugzeug.

Die Ergebnisse der bei über 1000 Personen im April durchgeführten Umfrage zeigen einen Generationenunterschied: 51,6 Prozent der 18- bis 35-Jährigen gaben an, in die Ferien fliegen zu wollen, verglichen mit nur 43,2 Prozent der über 56-Jährigen.

Voraussichtlich mindestens zweimal in diesem Jahr wollen 54 Prozent der Jüngeren fliegen, im Gegensatz zu nur 38 Prozent der älteren Generation. Nur jede fünfte Person zwischen 18 und 35 Jahren will dieses Jahr ganz aufs Fliegen verzichten. Bei den über 56-Jährigen sind es fast doppelt so viele (38 Prozent).

Städter fliegen mehr

Die Wahl des Verkehrsmittels hängt auch von der Wohnlage ab. In urbanen Gemeinden bevorzugen 50,2 Prozent das Flugzeug für ihre Ferien. Bei der ländlichen Bevölkerung sind es 41,4 Prozent. Comparis-Mobilitätsexperte Adi Kolecic ortet hier «eine bemerkenswerte Kluft zwischen der umweltpolitischen Einstellung und dem tatsächlichen Verhalten der Stadtbewohnerinnen und -bewohner».

Das zweitwichtigste Verkehrsmittel für Ferienreisen ist das Auto – besonders in ländlichen Regionen. 34,4 Prozent der Befragten nutzen das Auto für ihre Ferien. In den ländlichen Regionen sind es 41,9 Prozent, gegenüber nur 25,3 Prozent aus urbanen Gebieten.

Auf dem Land fährt man Auto

Viele Städter besässen kein eigenes Auto. Deshalb überrasche es nicht, dass Personen in ländlichen Gemeinden und in der Agglomeration häufiger mit dem Auto in die Ferien fahren würden, stellte Kolecic fest.

Die Comparis-Umfrage zeigte zudem, dass niedrigere Einkommensschichten tendenziell den Zug bevorzugen (24,5 Prozent). Bei den höheren Einkommensschichten waren es nur 8,7 Prozent. Der Grund dafür dürfte sein, dass die Distanz zum Reiseziel bei der Wahl des Verkehrsmittels eine zentrale Rolle spielt und Einkommensschwache häufiger in der Schweiz Ferien machen.

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